Der Auszug aus Äypten
Erst nachdem Gott die furchtbaren Plagen über die Ägypter schickt, willigt er ein, die Israeliten ziehen zu lassen, nicht ohne
jedoch kurz danach seine Meinung wieder zu ändern und sie zu verfolgen. Der Auszug aus Ägypten wird im Koran an mehrerehn Stellen - wie dies oft der Fall ist, wenn es sich um Geschichten
handelt, die bereits bekannt sind - in schnellem Tempo und geraffter Form wiedergegeben:
Da sandten Wir die Flut über sie, die Heuschrecken, die Läuse, die Frösche und das Blut - deutliche Zeichen -, doch sie
betrugen sich hochmütig und wurden ein sündiges Volk. Wann immer aber ein Strafgericht über sie kam, sagten sie: "O Musa, bete für uns zu deinem Herrn und berufe dich auf das, was Er dir
verhieß! Wenn du die Strafe von uns wegnehmen läßt, so werden wir dir ganz gewiß glauben und die Kinder Israels ganz gewiß mit dir ziehen lassen." Doch als Wir ihnen die Strafe wegnahmen
- für eine Frist, die sie vollenden sollten -, siehe, da brachen sie ihrWort. Darauf bestraften Wir sie und ließen sie im Meer ertrinken, weil sie Unsere Zeichen für Lüge erklärten und nicht
auf sie achteten. (7:133-137)
Das Strafgericht über Pharao und sein Volk wird an mehreren Stellen im Koran zu anderen Völkern, bzw. Städten in Beziehung
gesetzt, die den Gesandten Gottes, die zu ihnen kamen, keinen Glauben schenkten und in ihrer falschen Lebensweise verhaftet blieben. In Sura Al-Arâf (die Höhen, 7) werden nacheinander die
Geschichten von Nuh (Noah a.s.), Hud (a.s.), Salih (a.s.), Lut (Lot a.s.) und Schuaib (a.s.) erzählt. Alle diese Gesandten werden von Gott zu ihrem Volk geschickt, und alle überbringen
wortwörtlich die gleiche Botschaft: "O mein Volk, dient Allah; ihr habt keinen anderen Gott außer Ihm!" (7:59,65,73) Keiner dieser Gesandten findet bei seinem Volk Gehör, es gibt nur wenige, die ihnen glauben, die anderen - insbesondere die vornehmen Leute aus dem Volk - bezichtigen sie der Lüge und verspotten sie. Dies führt schließlich dazu, daß Gott sie aufgrund ihres Unglaubens und ihrer Undankbarkeit vernichtet: Hätten
aber die Bewohner (jener) Städte geglaubt und wären sie gottesfürchtig gewesen, so hätten Wir ihnen ganz gewiß die Segnungen von Himmel und Erde eröffnet. Doch sie leugneten, also
erfaßten wir sie um dessentwillen, was sie begangen hatten. (7:96)
Zwei dieser Geschichten sind auch aus der Bibel bekannt, nämlich die von Nuh (Noah a.s.) und Lut (Lot a.s.). Die anderen
Propheten werden nur im Koran erwähnt: Hud (a.s.) wurde zu dem Volk der Ad geschickt und Salih zu dem Volk der Thamud, beide lebten auf der arabischen Halbinsel. Schuaib wurde zu der Stadt
Madian gesandt, die Stadt, in der sich auch Musa (a.s.) aufhielt.
Als letzter in dieser Reihe der Gesandten wird Musa (a.s.) erwähnt, der zu Pharao geschickt wurde und die gleiche Aufnahme
erfährt: er wird als Lügner und Zauberer bezeichnet und seine Botschaft wird abgelehnt; schließlich werden Pharao und sein Volk aufgrund ihres Unglaubens vernichtet: Hierauf, nach ihnen,
entsandten Wir Musa mit Unseren Zeichen zu Pharao und seinen Vornehmen, doch sie frevelten an ihnen. Nun schau, wie das Ende derer war, die Unheil stifteten!(7:103)
Musas (a.s.) Auftreten als Ermahner und Warner gegenüber Pharao und seinen Anhängern ist jedoch nur der erste Teil seiner
Aufgabe. Der zweite Teil ist sein Wirken als Gesetzgeber und Führer eines Volkes, diese Phase beginnt nach dem Auszug aus Ägypten.
Musa (a.s.) als Führer der Israeliten und Gesetzgeber
Über die Zeit der Wüstenwanderung des Volkes Israel werden einige Begebenheiten berichtet, die zum größten Teil auch aus der
Bibel bekannt sind:
Gott verabredet sich mit Musa (a.s.) für vierzig Tage auf dem Berg Sinai und er erhält von Ihm die zehn Gebote: Und Wir
schrieben ihm auf den Tafeln allerlei auf zur Ermahnung und Erklärung von allen Dingen: "So halte sie fest und befiehl deinem Volk, das Beste davon zu befolgen." (7:145) Als er von dem Berg herabsteigt, findet er sein Volk in der Anbetung des goldenen Kalbes vor, das sie sich während seiner Abwesenheit errichtet haben. (Im Gegensatz zur Bibel ist es jedoch nicht Harun (a.s.), der aus dem Schmuck der Leute das Kalb herstellt.)
Als die Israeliten das versprochene Land erreichen, wollen sie es aus Angst vor dem darin lebenden Volk nicht betreten: O
mein Volk betretet das heilige Land, das Allah für euch bestimmt hat, und kehret (Ihm) nicht den Rücken; denn dann werdet ihr als Verlorene umkehren." Sie sagten: "O Moses, siehe,
dort lebt ein tyrannisches Volk, und wir werden es nicht betreten, ehe jene es nicht verlassen haben. (...) (5:21,22) Dies führt dazu, daß sie weitere vierzig Jahre in der Wüste verbringen werden: Er
sprach: "Wahrlich, es (das Land) soll ihnen vierzig Jahre lang verwehrt sein; sie sollen auf der Erde umherirren. (5:26)
Musa (a.s.) und al-Khidr
Die Begegnung Musas (a.s.) mit al-Khidr ist in der Bibel ohne Parallele. Diese Geschichte zeigt, dass die Logik und der
Verstand des Menschen niemals ausreichen können, Gottes Pläne zu erfassen und Seine Wege zu verstehen: Da fanden sie (Musa und sein Diener) einen Unserer Diener, dem wir Unsere
Barmherzigkeit verliehen und Unser Wissen gelehrt hatten. Musa sagte zu ihm: "Darf ich dir folgen, auf daß du mich über das rechte Handeln belehrest, wie du gelehrt worden bist?" Er
sagte: " Du vermagst nimmer bei mir in Geduld auszuharren. Und wie könntes du bei Dingen geduldig sein, von denen dir keine Kunde gegeben worden ist?" (18: 64-66)
Der Diener Gottes, den Musa (a.s.) trifft, identifizieren die Koranausleger als al-Khidr (Tabari). Al-Khidr bedeutet wörtlich
"der Grüne", es ist nicht klar, ob es sich bei ihm um einen Propheten handelt. Sie kommen überein, daß Musa ihn begleiten darf, solange er über das, was er sieht, keine Frage
stellt. Doch al-Khidr verhält sich so unverständlich, daß Musa (a.s.) nicht lange an sich halten kann: Zuerst macht er ein Loch in ein Schiff, an dem sie vorbeikommen, dann erschlägt er
scheinbar grundlos einen jungen Mann und schließlich kommen sie zu einer Stadt, in der sich die Leute ihnen gegenüber unfreundlich verhalten und trotzdem richtet dort er eine Mauer auf, die
einzustürzen droht. Musa (a.s.) bricht jedesmal die Vereinbarung und macht al-Khidr Vorwürfe, warum er sich in dieser Weise verhalten hat. Dies führt schließlich zur Trennung zwischen beiden,
doch zuvor erläutert al-Khidr Musa (a.s.) die Bedeutung dessen, was er gesehen hat: Was das Schiff anbelangt, so gehörte es armen Leuten, die auf dem Meer arbeiten, und ich wollte es
beschädigen; denn hinter ihnen war ein König, der jedes Schiff beschlagnahmte. Und was den Jüngling anbelangt, so waren seine Eltern Gläubige, und wir fürchteten, daß er sie hart bedrücken
würde in Grenzenlosigkeit und Glaubensverweigerung. So wollten wir, daß ihr Herr ihnen zum Tausch (ein Kind) gebe, das redlicher ist als dieses und näher an Barmherzigkeit. Und was nun die
Mauer anbelangt, so gehörte sie zwei Waisenknaben in der Stadt, und darunter lag ein Schatz für sie (verborgen), und ihr Vater war ein rechtschaffener Mann gewesen; so wünschte dein Herr, daß
sie ihre Volljährigkeit erreichen und ihren Schatz heben mögen - als eine Barmherzigkeit deines Herrn; und ich tat es nicht aus eigenem Ermessen. Das ist die Bedeutung dessen, was du nicht in
Geduld zu ertragen vermochtest. (18: 79-82)
Parallelen der Geschichte Musas (a.s.) zu Muhammad (s.a.s.)
Musa (a.s.) ist in dreifacher Hinsicht ein wichtiges Vorbild für Muhammad (s.a.s.): Als Prophet, als Führer eines Volkes und
als Verkünder des göttlichen Gesetzes. Viele Schwierigkeiten, die Musa (a.s.) begegneten, begegneten auch dem Propheten des Islam: Auch er wurde als Zauberer und Lügner bezeichnet, man lehnte
seine Mission ab und genau wie Musa (a.s.) mußte er mit seinen Anhängern fliehen: Musa (a.s.) floh aus Ägypten, weil die Israeliten von den Ägyptern unterdrückt wurden, und Muhammad (s.a.s.)
floh von Mekka nach Medina, weil die Muslime von den Quraisch verfolgt und bedroht wurden. Musa (a.s.) wurde ein göttliches Gesetz offenbart, das in der Thora enthalten ist, und Muhammad
(s.s.a.) wurde ein göttliches Gesetz offenbart, das im Koran enthalten ist. Wie Muhammad (s.a.s) wurde auch Musa (a.s.) ein Buch gegeben: Dann haben wir Musa die Schrift gegeben,
vollkommen für den, der Gutes tut, und als Deutlichmachung für jede Sache, und als Rechtleitung und Barmherzigkeit, damit sie vielleicht an die Begenung mit ihrem Herrn glauben. Und diese
Schrift (damit ist nun der Koran gemeint) - Wir haben sie herabgesandt - ist gesegnet, also folgt ihr und seid gottesfürchtig, damit ihr Barmherzigkeit findet. (6: 154,155)
|